Forschungsprojekt VIRTUAL ANEURYSM: Haptische Simulation von Neurochirurgischen Interventionen

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Virtual Aneurysm
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27.03.2017

Störungen der Blutzirkulation im Gehirn (Schlaganfall und Gehirnblutungen) zählen zu den häufigsten Todesursachen in den westlichen Industrieländern. Intrakranielle Aneurysmen, eine der Hauptursachen von Blutungen, werden mit zwei grundsätzlich verschiedenen Strategien behandelt: Bei der minimal-invasiven Methode, genannt Coiling, wird das Aneurysma über einen Katheter mit einer Drahtspule aufgefüllt, während bei der herkömmlichen neurochirurgischen Methode (Clipping) der Schädel geöffnet wird und ein oder mehrere Titan-Clips auf die Arterie gesetzt werden, die das Aneurysma vom Blutkreislauf abklemmen sollen. Da das endovaskuläre Verfahren für einfache Typen von Aneurysmen immer häufiger eingesetzt wird, bleiben nur noch komplexe Aneurysmen für das Clipping übrig. Für angehende Neurochirurgen wird es somit immer schwieriger, einfache Situationen vorzufinden, an denen sie die notwendige Expertise für komplexe Fälle entwickeln können.

Der Operations-Simulator VIRTUAL ANEURYSM der RISC Software GmbH soll hier Abhilfe schaffen. Er ermöglicht das Training von Clipping-Eingriffen in verschiedenen virtuellen Szenarien. Das System ist mit zwei haptischen Eingabegeräten mit Force-Feedback sowie einem stereoskopischen Display ausgestattet. Mehrere Aneurysmen-Geometrien mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad stehen zur Auswahl, und der Benutzer kann aus einer Liste von über 50 3D-modellierten Clips unterschiedlicher Größe und Form wählen.

Zu Beginn des Trainings übt der Benutzer die richtige Kopflagerung sowie die optimale Positionierung der Kraniotomie für den jeweiligen Fall. Während der eigentlichen Clipping-Operation detektiert der Simulator laufend Kollisionen zwischen Instrumenten und Gewebe und reagiert darauf. Die realistische Verformung der Blutgefäße wird in Echtzeit mit einem speziell optimierten Finite-Elemente-Verfahren auf der GPU berechnet und visualisiert. Die resultierenden Kräfte werden an die haptischen Geräte gesendet, sodass der Trainierende den Widerstand des Gewebes spüren kann. Montiert an einem der Geräte befindet sich eine Clipping-Zange mit einem Sensor zur Messung des Öffnungswinkels, der in Echtzeit an den Simulator übertragen wird. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad kann es auch zu einer Ruptur kommen, und der Operateur muss dann innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne die Blutung stoppen und das geplatzte Aneurysma versorgen.

Nach Ende des Trainings kann der Benutzer sein Ergebnis aus allen Blickwinkeln betrachten. Um eine objektive Bewertung des Trainings zu erreichen, wird der Blutfluss durch die Arterie mit abgeklemmtem Aneurysma berechnet. Dadurch kann unter anderem die induzierte Stenose sowie der Restfluss ins Aneurysma abgeschätzt werden, was in ein abschließendes Bewertungsschema einfließt. Sämtliche Daten eines Trainings werden pro Benutzer gespeichert und können jederzeit visualisiert und miteinander verglichen werden.

Dieses Projekt wurde vom Land Oberösterreich sowie der FFG im Rahmen des BRIDGE Programms (Projekt 838519) gefördert. Partner sind die Landesnervenklinik Wagner Jauregg (WJ), das AKH Linz und der deutsche Medizintechnikhersteller Aesculap AG, Weltmarktführer für handgehaltene chirurgische Instrumente. Der Prototyp des Simulators befindet sich in einer Testphase im WJ und soll in den nächsten Jahren gemeinsam mit der kanadischen Firma OSSim Technologies in ein kommerzielles Produkt weiterentwickelt und weltweit vertrieben werden.

 

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