Medizintechnik hofft auf innovative Start-ups

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20.12.2016

Trotz guter Zahlen in Europa sind die Umsätze in der Med-Tech-Branche weltweit erstmals geschrumpft. Der Medizintechnik-Report von EY liefert Antworten.

Es mag prozentuell nach nicht viel aussehen, doch die 1,2 Prozent weniger Umsatz der Med-Tech-Branche weltweit machen 314 Milliarden Euro aus. Dabei fiel die Entwicklung in den USA und in Europa höchst unterschiedlich aus: Während die hiesigen Medtechs ihre Umsätze sogar um 21 Prozent auf 120 Milliarden Euro steigern konnten, fiel der Umsatz der US-Konkurrenz um ganze elf Prozent. Zu diesen Zahlen ist EY im aktuellen Branchenreport gekommen.

Zwang zu Veränderung groß
Trotz der rückläufigen Zahlen sehen die Berater aber keinen Grund zur Sorge: Die Branche stehe an den Kapitalmärkten insgesamt gut da. Das zeige sich auch an den Übernahmen und an der Bereitstellung von frischem Kapital. Auf dem Börsenparkett lief es weniger gut: Nach 41 Börsengängen von Juli 2014 bis Juni 2015 trauten sich im gleichen Zeitraum ein Jahr später nur noch 15 Unternehmen neu an die Börse.

Was verrät der Blick hinter die Zahlen? Für Erich Lehner, zuständiger Partner für Life-Sciences bei EY Österreich, ist klar: Die Med-Tech-Unternehmen schaffen es nicht, mit ihren Produkten mehr Wachstum zu generieren. "Ihnen fehlen in der Breite die Innovationen, die echten Durchbruch bedeuten und Kunden vom Mehrwert ihrer Entwicklungen überzeugen." Deshalb sei die Branche "mitten in einer Transformation": Während einige im Wettbewerb vor allem auf Größe und Portfoliotiefe setzen würden und nach geeigneten Übernahmekandidaten suchen, würden andere versuchen, den Kunden und seine Bedürfnisse breiter abzudecken.

Lehner sieht hier noch Luft nach oben, denn der Zwang zu Veränderung und Innovation werde für die Branche immer stärker: "Das Tempo der Veränderungen nimmt zu. Megatrends wie Big Data oder digitale und mobile Technologien eröffnen auch den Med-Tech-Unternehmen neue Wachstumschancen. Intelligente Med-Tech-Geräte können sich über das Internet verbinden und wichtige Daten austauschen. Mittels Big-Data-Analyse lassen sich etwa für Diabetespatienten bessere und effektivere Behandlungen erstellen."

Viel Geld für Start-ups
Ein Beispiel für diesen neuen Trend sei die Partnerschaft zwischen Johnson & Johnson und der Google-Mutter Alphabet, die mit Verb Surgical Operationen durch Big Data und intelligente Roboter verbessern will. Ein anderes sei ein internetfähiger Inhalator für Lungenpatienten, den Boehringer Ingelheim und Qualcomm gemeinsam auf den Weg bringen. Er soll die intelligente Behandlung der Patienten sicherstellen, egal, wo sie sich gerade aufhalten.

Investoren sehen das Potenzial und den Willen zur schnellen Veränderung am ehesten bei Start-ups, zumindest lassen die Zahlen diesen Schluss zu: Dieses Jahr wurden Start-ups mit so viel Venture-Capital wie nie zuvor ausgestattet – vor allem solche, die sich in einer ganz frühen Phase befinden. "Es macht Mut, dass Investoren zunehmend die jungen Start-ups entdecken und fördern", findet Lehner. "Lange Zeit standen vor allem kurzfristige Erfolge im Fokus, sodass sich Investoren auf große Med-Tech-Unternehmen konzentrierten, die Dividendenausschüttungen versprachen. Diese Strategie kann für die Branche jedoch gefährlich werden, wenn dadurch Gelder für Forschung und Entwicklung fehlen und Innovationen verhindert werden."

Daten auf Wunschliste ganz oben
In welche Richtung sich Produkte entwickeln sollen, wird an mehreren Stellen im Report betont: "Die Währung, mit der jetzt und in Zukunft gemessen wird, ist nicht erstklassige Medizin oder Technik. Es sind die Daten, die die Produkte generieren", heißt es beispielsweise seitens Hans-Peter Frank, Global Head eines Unternehmens, das Produkte entwickelt, um die Lebensqualität von Patienten mit chronischer Nierenerkrankung weltweit zu verbessern. Was er von der Branche erwartet und in seiner Arbeit zentral ist: Voraussagen – und die eben dadurch gewonnenen Daten.

 

 

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