ÖVKT-Tagung 2016: Grenzen überschreiten

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24.11.2016

„Mit Technik allein werden wir die Probleme unserer Zukunft nicht lösen“, räumte ÖVKT-Präsident Martin Krammer auf der Jahrestagung der Österreichischen Krankenhaustechniker ein. Krankenhaustechniker seien dennoch gefordert, immer wieder vermeintliche Grenzen zu überschreiten, um – mit angemessenen Mitteln – zu einem bestmöglichen Gesundheitswesen beizutragen.

Neue Technologien der Informationsverarbeitung und -weiterleitung schaffen augenblicklich sagenhafte Möglichkeiten, Prozesse zu vereinfachen, Informationen zu generieren, Medizin, Gebäude und Technik zu optimieren, … Um dieses Schlaraffenland technischer Innovation im besten Sinne für das Gesundheitswesen nutzbar zu machen, müssen sich Krankenhaustechniker laufend auf den neuesten Stand bringen. „Zukunftstechnologien – Herausforderungen an Aus- und Fortbildung“ lautete vor diesem Hintergrund das Motto der diesjährigen Jahrestagung des Österreichischen Verbandes der Krankenhaustechniker vom 27. bis 30. September in Pörtschach am Wörthersee.

Mit Gespür für das Angemessene
Ebenso wichtig wie das Wissen um die neuesten und besten Technologien sei angesichts des technisch und medizinisch Machbaren ferner ein sicheres Gespür für das „Angemessene“, betonte Krammer. Überdeutlich demonstrierte diesen Bedarf an moralischer und pragmatischer Intelligenz der Eröffnungsvortrag von Josef Penninger. Nachdem er die unglaublichen Möglichkeiten durch die Entschlüsselung der menschlichen DNA dargelegt hatte, hinterließ der Wiener Genforscher bei vielen der 250 Tagungsteilnehmer einen schalen Nachgeschmack, durchsetzt zweifellos mit prickelnder Faszination. Die Grundlage für die enormen Fortschritte der Genetik legte die rasante Entwicklung der IT. Hätte es in den 1990er Jahren noch viele Jahre gedauert, die DNA eines Menschen zu lesen, schaffen das moderne Rechner heute an einem einzigen Nachmittag. Augen, Gehirnzellen oder Blutgefäße wachsen zu lassen und sich so mit Hilfe eigener Stammzellen ein organisches Ersatzteillager anzulegen, ist längst ebenso (mögliche) Realität wie die Heilung von Knochenschwunderkrankungen und demnächst wohl auch der meisten Krebsarten. Die Wechselwirkungen von Krankheit mit unserem Erbgut immer besser zu verstehen und diese zu unterbinden, werde dazu führen, dass wir alle bis ins hohe Alter fit und munter bleiben, stellte der renommierte Wissenschaftler in Aussicht. Noch „kratze“ die Genetik mit ihren Errungenschaften erst an der Oberfläche des menschlichen Codes. Je tiefer sie in die Schöpfung vordringen, umso mehr werden sich die Forscher fragen müssen, wie weit sie gehen.

Mit dem Willen zur Interoperabilität
Eine kontroverse Diskussion über Sinn und Unsinn technischer Innovation entspann sich auch beim Thema BIM – Building Information Modeling. Im Entstehungsprozess stets sämtliche technische Daten und sonstigen Informationen über ein Gebäude parat zu haben und diese nach Möglichkeit später auch für seinen möglichst effizienten Betrieb nutzen zu können, verspricht erhebliches Optimierungspotenzial. Bis dieses Ideal Wirklichkeit werden kann, gelte es jedoch, noch einige Hürden zu nehmen, erörterte Iva Kovacic, Professorin an der TU Wien im Forschungsbereich für Industriebau und interdisziplinäre Bauplanung. Probleme bereite derzeit vor allem die fehlende Interoperabilität der angebotenen Software sowie das „Silodenken“ der beteiligten Akteure. Solange die Menschen nicht zusammenarbeiten, werde es auch die erforderliche Technik nicht tun, monierte Kovacic. Dennoch werde sich BIM seinen Weg in den baulichen Alltag bahnen, prognostizierte der Architekt Christoph Eichler. Er arbeitet mit der ÖNORM A 6241 an einem einheitlichen BIM-Standard, um die Schnittstellenproblematik aus der Welt zu schaffen. BIM werde das Geschehen im Bausektor nicht nur in technischer Hinsicht umkrempeln, erklärte Eichler. Wenn die in der Planungsphase generierten Gebäudeinformationen mit der Realität übereinstimmen sollen, werde man sich von spontanen Änderungen während der Bauphase verabschieden und stattdessen schon in der Planungsphase sorgfältiger arbeiten müssen. Das erfordere einen echten Paradigmenwechsel in der Bauroutine des Gesundheitswesens. Mit Hilfe der neuen Technologie könne dann aber der spätere Betrieb simuliert und die Betriebskosten unterschiedlicher Errichtungsvarianten sehr genau schon im Vorhinein berechnet werden. Die Auswahl von Materialien und technischer Ausstattung werde dadurch hoffentlich – anders als bisher – mit Blick auf die gesamten Lebenszykluskosten getroffen.

Das Thema energieeffizienter und funktionaler Krankenhäuser zog sich in zahlreichen Best Practice Beispielen und Vorträgen gut durchmischt mit der Präsentation neuer Technologien als roter Faden durch die spannende Veranstaltung. Ob nun bei der Gebäudeautomation, bei vergleichenden Strom-und Lastgangsanalysen, beim Brandschutz oder der Objektsicherheit – stets spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle im technologischen Fortschritt.

Mit Blick über den Tellerrand
Ein sehr interessantes Vorhaben präsentierte der Präsident der Schweizer Krankenhaustechniker, Thomas Bucher, im Vortragsblock des Forums DACH, in dem sich der ÖVKT mit den Kollegen aus den deutschsprachigen Partnerverbänden austauscht: Damit jeder Krankenhaustechniker in jedem Krankenhaus wichtige technische Unterlagen schnell und problemlos zur Hand hat und sich die Krankenhäuser leichter auch untereinander austauschen können, erarbeiten die Schweizer derzeit einheitliche Standards für die technische Dokumentation.

Mit dem Willen zur Veränderung
All diese Beispiele zeigen: Mit dem nötigen Willen zur Veränderung, gibt es sehr viele Ansätze um das Gesundheitswesen noch erheblich zu verbessern. Statt über Missstände zu klagen, sollten die Technikermanager ihre Möglichkeiten ausschöpfen, forderte Krammer.

Maria Thalmayr
kma 20 Jahre
November 2016


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